Rückblick auf die Sommerakademie 2019

Theatertherapie in sozialen Feldern

Programmübersicht

Mittwoch, 05.06.2019

19:30 Uhr
Mitgliederversammlung der DGfT
Auch Nicht-Mitglieder sind herzlich willkommen!

 

Donnerstag, 06.06.2019

10:00 Uhr
Großgruppenauftakt und Einführung in das Thema der Tagung

DIE WORKSHOPS (2-tägig, Do und Fr)
10:30 – 18:00 Uhr Workshops 1 – 8

19:30 – 21:30 Uhr  Verschiedene Treffen zu
– Forschung in der Theatertherapie
– Arbeit in Kliniken
– Arbeit mit Kindern/Jugendlichen
– Traumanetzwerk

Freitag, 07.06.2019

09:30 – 18:00 Uhr Workshops 1 – 8
19:30 Uhr Mini-Performances als Einblicke in die Arbeit der Workshops

Samstag, 08.06.2019

Fachtag zu künstlerischer und theatertherapeutischer Arbeit und Projekten in sozialen Feldern

10:00 Uhr Vortrag 1:
Chen Alon
The Polarized Theatre of the Oppressed
Das polarisierte Theater der Unterdrückten
Das polarisierte Modell wurde in den letzten zehn Jahren in Projekten entwickelt, die Dr. Alon in der Rolle des Joker-als-Ethnographen dokumentierte und ergründete (zusätzlich zu Rollen wie Theaterkünstler und Regisseur, Seminarleiter, Lehrer, politischer Anführer), mit polarisierten Gruppen aus verschiedenen israelischen und palästinensischen Bereichen, mit Gefangenen, Drogenabhängigen, Obdachlosen, Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie in weiteren Konfliktgebieten der Welt.

11:00 Uhr Vortrag 2:
Nisha Sajnani
Cultural Responsibility –
On the need for a critical aesthetic paradigm in dramatherapy
Cultural Responsibility –
Zur Notwendigkeit eines kritischen ästhetischen Paradigmas in der Theatertherapie
Wie können wir Therapeut*innen und Pädagog*innen auf den Rechtsruck in der Gesellschaft reagieren? In diesem Vortrag wird Dr. Sajnani Grundsätze eines kritischen Paradigmas in der Theatertherapie darlegen und exemplarische Praktiken und Auswirkungen in Bildung, Supervision, Forschung und Praxis aufzeigen.

14:00 – 16:00 Uhr
Arbeitsgruppen/Projektpräsentationen A – I

A: Theater als Aktivismus – das polarisierte Theater der Unterdrückten in der Praxis (Chen Alon)
B: Hinter verschlossenen Türen: Perspektiven der Maskenarbeit im Kontext von Inhaftierung (Christian Bohdal)
C: Tipi – ein theatertherapeutisches Projekt mit Kindern in brandenburgischen Frauenhäusern (Cathy Clift und Anna Bihari)
D: Das Werkstatttheater Handicap (Martina Hoffmann-Seidel) und Die Schattenspringer (Wolfgang Kapp)
E: Theatersprechstunde für Menschen mit Demenz und ihre Bezugspersonen (Michael Ganß)
F: Transkulturelle Arbeit zwischen Brasilien, Togo und Deutschland (Marion Küster)
G: Arbeit in Schulen – Das ALIVE-Programm: Theatertherapie zur Verringerung von Stress in öffentlichen Schulen (David Read Johnson)
H: Dramatischer Wandel: Ergebnisse des NYU Theatre and Health Lab (Nisha Sajnani)
I: Julias Reise – Refugees meet Shakespeare: Eine theatertherapeutische Arbeit mit Jugendlichen einer Berliner Willkommensklasse (Corinna Fock-Wiedemann und Ewa Ziegenbein)

16:30 – 18:00 Uhr
Reflexion und Diskussion der Projektvorstellungen und Themen der Arbeitsgruppen im Gesamtplenum

19:30 Uhr
Bühne frei für Performances und Erfahrungsaustausch der Weiterbildungsteilnehmer aus Berlin, Freiburg und Ruhr

 

Beschreibung der Workshops (Do/Fr)

Workshop 1:
Das polarisierte Theater der Unterdrückten
Chen Alon

In diesem Workshop werden eine Reihe von Werkzeugen vorgestellt für ein „Modell des polarisierten Theaters der Unterdrückten“, das theatrale und soziale Arbeitsprozesse zwischen zwei (tatsächlich oder imaginär) entgegengesetzten Gemeinschaften integriert. Theorie und Praxis eines polarisierten Theaters der Unterdrückten ist für jede polarisierte Gesellschaft oder Gemeinschaft und mit dieser arbeitenden Menschen (Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Therapeut*innen, Künstler*innen, Aktivist*innen uvm.) von Bedeutung. Die homogenen Modelle des sozialen Theaters und des Theaters der Unterdrückten hinterfragend, bietet der Workshop alternative Wege des gemeinsamen Denkens und Handelns / Spielens an. Das polarisierte Modell postuliert eine zentrale Bedeutung des Theaters für das Verständnis von Entstehung, Entwicklung und Aufrechterhaltung sozialer Machtverhältnisse zwischen polaren Gruppen  und geht davon aus, dass die Darstellung beider Individuen und ihres „Regenbogens der Identitäten“ die Machtverhältnisse materialisiert und sichtbar macht sowie das transformative Potenzial beider Seiten erhöht.

Der Workshop bietet eine Untersuchung, Dekonstruktion und Rekonstruktion der sozialen Beziehungen als Machtbeziehungen – mittels eines theatralen Prozesses, der die besonderen politischen Verbindungen und den Kontext der jeweiligen Communities berücksichtigt. Es soll das Theaterprozessen und -ereignissen innewohnende Potenzial zur Entwicklung eines Dialogs über Gewaltlosigkeit untersucht und gleichzeitig politisch-aktivistische Bündnisse gebildet werden mit dem Ziel, die Realität zu verändern.

 

Workshop 2:
Mauern öffnen: Maskenarbeit im Strafvollzug
Christian Bohdal

Zu allen Zeiten war und ist die Maske ein Instrument des Zugangs zu anderen Welten. Mit vorhandenen Masken wollen wir uns diesem Phänomen auf spielerische Weise annähern und dabei ergründen, wie Maskenarbeit eine Begegnung mit Menschen ermöglichen kann, die von hohen Mauern und verschlossenen Türen umringt sind. Dabei geht es auch immer um die Frage, wie wir eigene Grenzen überwinden können. Schritte der Figurenentwicklung und therapeutische Spielformen sollen ebenso eine Rolle spielen wie Beispiele aus der praktischen Arbeit im Straf- und Maßregelvollzug.

 

Workshop 3:
Künstlerische Interaktion mit Menschen mit Demenz
Michael Ganß

Das Wesentliche in einer künstlerischen Begleitung von Menschen mit Demenz sind die tiefen Momente, in denen Menschen mit Demenz in eine freie, spielerisch künstlerische Auseinandersetzung eintauchen. Dies sind künstlerischen Momente, die als künstlerischer Raum oder als Dritter Raum bezeichnet werden können. Der künstlerische Raum ermöglicht Menschen mit Demenz, unabhängig ihrer kognitiven Möglichkeiten, eine intensive Auseinandersetzung mit dem Material, wie auch mit Lebensfragen. In der künstlerischen Begleitung von Menschen mit Demenz hat dies eine hohe Relevanz, da hierüber Entwicklungen angestoßen werden können.

Der Workshop bietet den Raum, sich mit Fragen der künstlerischen Begleitung von Menschen mit Demenz auseinanderzusetzen. Wie gelingt es einen feien künstlerischen Interaktionsraum zu gestalten? Woran bildet sich ein künstlerischer Raum in der Begleitung von Menschen mit Demenz? Wie kann in der künstlerischen Begleitung mit den Veränderungen durch den demenziellen Prozess umgegangen werden? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen im Workshop erfolgt in einer reflektierenden praktischen Annäherung.

 

Workshop 4:
Developmental Transformations: Theorie, Methoden und Anwendungen
David Read Johnson

Dieser Workshop wird einen umfassenden Überblick über Developmental Transformations und ihre Anwendungen in klinischen wie sozialen Kontexten geben. DvT ist eine Methode, mit der Menschen einen heilenden Spielraum betreten und erhalten können, der aus spontanem Improvisationsspiel mit anderen besteht. DvT basiert auf einer Haltung, die Menschen ermutigt, ihre Angst vor der Instabilität der Erfahrung zu verringern, statt eine Stabilität anzustreben, was unweigerlich dazu führen würde, das Verhalten anderer Menschen kontrollieren zu wollen. Die Arbeit an der Fähigkeit, inmitten des Tumults des Lebens präsent zu bleiben – der Wesenskern von Improvisation – spiegelt der Geist von DvT wider. Wir werden erforschen, wie dies mit schwerkranken Klienten funktioniert, mit Menschen mit Traumaerfahrungen, mit Schülern oder auf der Straße.

 

Workshop 5:
Anderssein, gemischte Gefühle, inklusive Vielfalt – Umgang mit Menschen mit Behinderungen in der Theatertherapie
Wolfgang Kapp & Martina Hoffmann-Seidel

Tag 1 mit dem Schwerpunkt auf körperlichen Behinderungen: Von einer körperlichen Behinderung betroffen zu sein, stellt Menschen vor besondere Herausforderungen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit der nicht-behinderten (Um-)Welt: Ihr sichtbares „Anderssein“ weckt in dieser „gemischte“ Gefühle wie Unsicherheit, Mitleid, Bewunderung oder auch (heimliche) Ablehnung. Um als – in der Regel nichtbehinderte – TheatertherapeutIn mit behinderten Menschen zu arbeiten und ihrer spezifischen Situation gerecht zu werden, hilft es uns bewusst zu machen, welche Bilder und Wahrnehmungen von „Behinderung“ UNS prägen und welche (unbewussten) Ressentiments, Bewertungsschemata oder auch Ängste dem zugrunde liegen. Auf Basis dieser vor allem praktischen Erkundung werden wir uns der Frage widmen, welche Schlüsse wir daraus für die konkrete Arbeit mit (körperlich) Behinderten und inklusiven Gruppen ziehen können.

Tag 2 mit dem Schwerpunkt auf geistige Behinderungen: Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung (zum Beispiel dem Down-Syndrom) drücken sich sehr oft nicht oder nur ungern auf der uns vertrauten sprachlich-intellektuellen Ebene aus. Das führt auf unserer Seite zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen. Gefühle und Bedürfnisse werden nicht verstanden. Theatertherapeutische Arbeit kann dazu beitragen, jenseits der sprachlich-intellektuellen Ebene zunächst eine Basis des gegenseitigen Verständnisses zu schaffen: Durch in Szene gesetzte Gefühle, Rituale, Alltagswelten, Bilder und bekannte Geschichten. In dem so entstandenen Raum des Erkennens und Vertrauens können dann individuelle Fragen und Probleme mit entsprechend angepassten Methoden aufgegriffen werden.

 

Workshop 6:
Das Ich und die Anderen in der Begegnung
Marion Küster

In diesem Workshop werden Methoden biographischer, gestaltender und Wahrnehmungs-Arbeit untersucht um darüber einen Umgang von gegenseitigem Respekt und Akzeptanz zu üben. Die Würdigung der eigenen Persönlichkeit wird als Voraussetzung einer gelingenden Begegnung betrachtet. 

Zu Beginn wird ein Einblick über die Projektarbeit an den verschiedenen Standorten Brasilien und Togo gegeben. Während sich die Kooperation in Brasilien zunächst auf Arbeit mit mehreren Generationen in einem Dorf bezog, orientiert sich die Zusammenarbeit mit Togo auf Studierende und die Ausgestaltung eines Seminars zu den Grundlagen des Spiels, der Szene und der Gruppenarbeit. An der Universität Lomé wird derzeit ein Masterstudiengang „Theater und Bildung“ aufgebaut, auf den sich die Studierenden mit dem Seminar vorbereiteten. 

So werden in der Werkstatt Übungen des einander Begegnens, die auf einen Umgang der Achtsamkeit orientiert sind, einen Schwerpunkt bilden. Darüber hinaus sollen aus Stoffen „Patuas“ erstellt werden, um darüber in ein „Storytelling“ zu kommen. In der Begegnung mit biographischem Material und Performance sind Schritte der Distanzierung notwendig, damit der private Raum geschützt bleibt und über die Verfremdung auch eine neue Sicht auf die eigene Perspektive entwickelt werden kann. Dieser Prozess soll ebenso betrachtet werden. Die Teilnehmenden sollen Familienfotos (die nicht die eigenen sein müssen) mitbringen.

 

Workshop 7:
Das Nest
Nisha Sajnani

In diesem Workshop werden wir mit Auszügen aus Franz Xaver Kroetz‘ Stück ‚Das Nest‘ arbeiten, um unsere Erfahrung der Räume zwischen Privat und Öffentlich, Persönlich und Sozial, Material und Moral zu untersuchen.

 

Workshop 8:
Mein sicherer Raum in einer unsicheren Umgebung – Theatertherapeutisch basierte Arbeit mit belasteten und traumatisierten Kindern und Jugendlichen
Cathrin Clift

Im Zuge der Ankunft vieler Geflüchteter 2015/2016 entwickelte ein Team des ITT ein theatertherapeutisches Konzept, welches geflüchteten Kindern in der mehr als unsicheren und unberechenbaren Umwelt der Unterkünfte einen sicheren (Spiel)Ort bieten sollte. Die gemeinsamen Stunden wurden von den Kindern begeistert aufgenommen, fast so als hätten sie darauf gewartet und inzwischen sind weitere Projekte gewachsen: die Arbeit mit Willkommens-klassen geflüchteter Jugendlicher, ein mobiles theatertherapeutisches Angebot für Kinder in Brandenburger Frauenhäusern und schulbegleitende theatertherapeutische Einheiten für Grundschüler an einer Brennpunktschule in Berlin-Neukölln.

Das Theatertherapeutische Konzept basiert auf dem BASICPh Modell zu Bewältigungsstrategien in Krisen des israelischen Dramatherapeuten Mooli Lahad und Erkenntnissen der systemischen Traumatherapie mit ihren körperbasierten, weitgehend sprachunabhängigen Methoden und einer spielerischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit dem auftauchenden Material.

Bei diesem zweitägigen Workshop sollen die Methoden, Rituale und Regeln dieser stabilisierenden theatertherapeutischen Arbeit konkret erlebbar gemacht werden. Dazu werden wir unsere inneren Kinder suchen und ihnen einen ganz eigenen (Abenteuer-)Spielraum bauen: einen Raum der Heldengeschichten, des ,Nichts-Muss’ aber ‚Alles-Darf’!

 

Beschreibungen Vorträge, Arbeitsgruppen/Werkstätten am Fachtag (Samstag)

Die Vorträge

Vortrag 1:
Drama Therapy Research: Trends and Opportunities for Biographical Performance
Nisha Sajnani

This lecture will present the results of a systematic review of research pertaining to biographical performance in order to highlight trends and opportunities, implications for training and professional development, and ways of researching biographical performance in drama therapy.

Vortrag 2:
Schnittstellen zwischen evidenz- und künstlerisch-basierten Forschungszugängen in den Künstlerischen Therapien
Constanze Schulze

Künstlerische Therapien werden zwar zunehmend in den Behandlungsleitlinien berücksichtigt, doch ist eine aussagekräftige Befundlage zur Wirksamkeit ihrer Interventionen noch nicht ausreichend.. Aus forschungsmethodischer Perspektive ist es für die künstlerischen Therapie wichtig, neben dem bekannten evidenz-basierten Methodenspektrum (qualitativ und quantitativ) auch künstlerisch-basierte Forschungszugänge und deren Strategien zu berücksichtigen.
Welche Herausforderungen und innovativen Schnittstellen sich durch eine Zusammenführung von evidenz- und künstlerisch-basierten Forschungszugängen ergeben, aber auch welche Voraussetzungen dafür genauer zu beachten sind, soll im Rahmen dieses Vortrages anschaulich herausgestellt und diskutiert werden.

Die Arbeitsgruppen/Werkstätten

Arbeitsgruppe A:
Empirisch forschen in der Theatertherapie – Zugänge und Forschungsmethoden
Simone Klees

Am Beispiel der Grounded Theory Methodologie (Glaser und Strauss 2010) werden grundlegende Fragen zum Thema Forschung und Theoriebildung in der Theatertherapie vorgestellt und diskutiert.

Arbeitsgruppe B:
Using Drama Therapy Tools and Techniques to Structure Case-Study Research // Werkzeuge und Techniken der Theatertherapie zur Strukturierung von Fallstudien
Susana Pendzik

Im Feld der Therapie werden Fallstudien allgemein als unschätzbare Quelle von Wissen angesehen. Im Rahmen des psychiatrischen /psychotherapeutischen Gesundheitssystems mit multidisziplinärem Personal müssen Theatertherapeuten häufig ihre Fälle vorstellen.
Allerdings sind in der Regel in den Kliniken Strukturen dieses Diskurses klinischer Untersuchungen vorgegeben, die der Einzigartigkeit unseres Faches nicht gerecht werden. In der Theatertherapie kann eine „empirische Untersuchung“ auf vielfältige Arten und Weisen durchgeführt werden, und „die vielfältigen Beweisquellen“ können mit Methoden aus Künsten und Theater erforscht werden – eine Form, die unserer Identität besser entspricht.
In diesem Workshop werden die Teilnehmenden mit verschiedenen Verfahren vertraut gemacht, die zur Recherche, Entwicklung und Präsentation einer theatertherapeutischen Fallstudie genutzt werden können. Mit kreativen Mitteln und theaterbasierten Forschungswerkzeugen können die Fallstudien dekonstruiert und Daten kodifiziert werden. Es wäre schön, wenn Teilnehmende –soweit vorhanden- Arbeitsprotokolle von Klient*innen mitbringen.

Arbeitsgruppe C:
Über die Methodenvielfalt hinaus: Zum Anspruch von Mixed-Methods in den Künstlerischen Therapien am Beispiel aktueller Projekte
Constanze Schulze

Diese Forschungswerkstatt knüpft unmittelbar an den Forschungs-Vortrags vom Vormittag an und will anhand aktueller Projekte und deren Ergebnisse erste Schritte bezogen auf eine sinnvolle Entwicklung von Mixed-Methods-Designs in den Künstlerischen Therapien aufzeigen. Die erweiternden Möglichkeiten mehrperspektivischer Untersuchungen, aber auch der Anspruch an die Verwendung tatsächlicher Mixed-Methods sollen gemeinsam mit Blick auf eigene Projekte oder Projektvorhaben der Teilnehmenden des Workshops reflektiert und diskutiert werden.

Arbeitsgruppe D:
Theater und Forschung: „Eine Frage des Überlebens“
Anna Seymour

Diese Arbeitsgruppe wird auf Recherchen für Anna Seymours demnächst herauskommendes Buch Dramatherapy and Theatre (Routledge 2019) gegründet sein und sich damit beschäftigen, wie die Grundfragen des Theaters für die drängenden Themen unserer Zeit genutzt werden können.
Themen, Metaphern und Ästhetiken verändern sich im Theater und schaffen neue Antworten auf kulturelle und politische Krisen. Derzeit werden z.B. die Geschichten von antiken Protagonisten wie Antigone und Electra aufgegriffen und neu entdeckt. Oder wir sehen bei den Figuren von Gogo und Didi aus Becketts Warten auf Godot, wie es zu einer grundlegenden Frage des Überlebens wird, eine Metapher mit Leben zu füllen …
Wir werden diskutieren, wie sich der Einfluss klassischer Texte und Themen in der Arbeit zeitgenössischer Theatermacher fortsetzt und wie sie in die Praxis der Theatertherapie und der therapeutischen Beziehung einfließen kann.

Arbeitsgruppe E:
Ein Körper-Basierter Phänomenologischer Ansatz für Transpersonale Transkulturelle Forschung
Regina U. Hess

Körper-basierte Phänemenologie [Embodied Phenomenology] (Todres, 2007; Hess, 2012a) ist eine Forschungsmethode mit dem innovativen Fokus der Verbindung von unserem primordialen Körper und unserer Lebenswelt. Das zentrale Konzept ist das “körper-bezogene Verstehen” als einen Ort der untrennbaren Verbindung von Sein (Ontologie) und Wissen (Epistemologie), basierend auf Gendlin’s Konzept der körperlichen Empfindung [felt sense] und Heidegger’s Verschränkung von Phänomenologie, Sprache und Poesie.
Regina’s Doktorarbeit “Das Leben von Frauen in dem U.S.-Mexikanischen Grenzland und ihre Erfahrungen mit dem Capacitar Programm zur Transformation von Trauma: Eine Körper-Basierter Phänomenologische Forschung”, untersuchte die Auswirkung des Capacitar Übungsprogrammes zur Heilung von indivudellem und kulturellen Trauma mit Frauen von beiden Seiten der U.S-Mexikanischen Grenze. Ein weiteres methodisches Ziel war die Integration von ästhetisch-künstlerischen-performativen Ansätzen in der sozialwissenschaftichen Forschung.
Ein körper-erfahrungs-orientierter Ansatz in der Forschung beinhaltet den gesamten Prozess von Datenerhebung, Datenanayse bis hinzu der Publikation von Ergebnissen. Zusätzlich zu standardiserter phänomenologischer Datenauswertung wurden ergänzende Methoden integriert, um auch nicht-lineares Wissen und Ausdrucksformen zu nutzen wie beispielsweise Poesie und Film, welche den Ausdruck verschiedener Schichten von körper-basiertem Verstehen unterstützen können und damit zu “lebenden Texten” werden zu können. Ein weiteres Ziel in der Verwendung von solch evokativen Ansätzen zur Verbreitung von wissenschaftlichem Wissen ist, eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, um eine soziale Auswirkung anzustossen. Die Präsentation wird bi-lingual Deutsch/Englisch sein.

 

Dozentinnen und Dozenten

Dr. Chen Alon ist Theateraktivist, Schauspieler und Regisseur. Seine Doktorarbeit schrieb er über das palästinensisch-israelisch polarisierte Modell des Theaters der Unterdrückten an der Universität Tel Aviv. Als Major (res.) in der israelischen Armee war er Mitbegründer von „Courage to Refuse“, einer Bewegung von Offizieren und Kampfsoldaten, die sich weigern, in den besetzten palästinensischen Gebieten zu dienen, wofür er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Er ist auch Mitbegründer von „Combatants for Peace“, einer Bewegung palästinensischer und israelischer Kombattanten, die den Weg der Gewalt aufgegeben haben und gewaltfrei gegen die Besatzung kämpfen. Mit seinem palästinensischen Mitbegründer wurde er 2017 für den Friedensnobelpreis nominiert. Der Aktivismus in der komplizierten Realität in Israel / Palästina führte ihn vom professionellen Schauspieler und Regisseur im Repertoiretheater hinaus auf die Suche nach neuen Formen des politischen Aktivismus, um gewaltfreien Widerstand gegen die Besatzung zu leisten. Er lehrt an der Universität Tel Aviv.

Christian Bohdal, Diplom Krankenpfleger, Diplom-Kunsttherapeut Fachrichtung Bildhauerei, Weiterbildungen in Körpertheater, Regie und Maskenspiel, Dozententätigkeit an Sommer-Akademien in Lettland und an der Alanus-Hochschule, Lehrtätigkeit für Regie und Maskenarbeit an der FH-Ottersberg und für therapeutisches Maskenspiel an der Hochschule für Kunsttherapie Nürtingen und im Aufbaustudiengang Kunsttherapie an der HfbK-Dresden. Seit 2012 Leitung der Theaterwerkstatt in der forensischen Psychiatrie im Klinikum Bremen-Ost, seit 2014 Leitung des Projekts Maskenarbeit in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA-Bremen-Oslebshausen, seit 2017 Leitung der Kulturbaustelle Blockland für Menschen mit Fluchterfahrung im Hinblick auf Deradikalisierung.

Cathrin Clift, selbständige Diplompsychologin und Theatertherapeutin, Trainerin und Supervisorin für seelsorgerische, soziale und kulturelle Projekte. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind die Themen Krisenintervention in Umbruchsituation, Krisenprävention bei Helfenden und die Förderung von Resilienz bei Menschen aller Altersgruppen.

Michael Ganß, Kunsttherapeut, Künstler im Sozialen und Gerontologe. Seit Anfang der 1980-iger Jahre Begleitung von Menschen mit Demenz und ihrer Bezugspersonen mit intermedialen künstlerischen Mitteln und Forschung im Bereich künstlerisch ästhetischer Arbeit mit Menschen im Alter und Demenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Department Kunst, Gesellschaft und Gesundheit der MSH Medical School Hamburg und geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift demenz.DAS MAGAZIN. 

Martina Hoffmann-Seidel, Theatertherapeutin, Dozentin in der Erwachsenenbildung, Supervision & Coaching, seit 2014 Leitung des Werkstatttheaters Handicap (einer inklusiven Gruppe von Menschen mit und ohne körperlicher Behinderung), Arbeit mit Arbeitssuchenden, Senioren, Hochaltrigen, Menschen mit Demenz und Personen aus deren Umfeld.

Dr. David Read Johnson ist Gründungsmitglied der North American Drama Therapy Association, ehemaliger Redakteur des ‚International Journal of the Arts in Psychotherapy‘, ehemaliger Vorsitzender der ‚National Coalition of Arts Therapy Associations‘, Direktor des ‚Institute for Developmental Transformations‘, Co-Direktor des ‚Post Traumatic Stress Center‘ New Haven, CT und Associate Clinical Professor an der Fakultät für Psychiatrie, Yale University School of Medicine. Er hat zahlreiche Artikel und Bücher zu Theatertherapie, künstlerischen Therapien und Trauma-Behandlung veröffentlicht.

Wolfgang Kapp, Studium der Diplom-Pädagogik und Weiterbildung in Theaterpädagogik (ARS) und  Theatertherapie (DGfT). Seit 25 Jahren Arbeit mit Menschen mit einer sogenannten Behinderung im Wohnbereich, in der Erwachsenenbildung und in Theaterkursen. Leitung der inklusiven Theatergruppe „Die Schattenspringer“ in Freiburg/Breisgau.

Marion Küster, Schauspielstudium an der Staatlichen Schauspielschule Rostock, Studium der Theaterpädagogik an der HdK Berlin. Fortbildungen in systemischer Familientherapie Psychodrama. Arbeit als Theaterpädagogin in Theater und Klinik und in unterschiedlichen sozialen, künstlerischen und therapeutischen Feldern. Seit 2004 Professorin für Theaterpädagogik an der hmt Rostock und Leitung des Bereichs, 2012 bis 2016 Prorektorin. Seit 2005 liegt ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der transkulturellen Arbeit: sie war eine der Leiterinnen des brasilianisch-deutschen Projektes „Luz Que Anda“ in der Gemeinde Serra Negra / Minas Gerais. Heute arbeitet sie in Kooperation mit der Universität UFMG Belo Horizonte / Minas Gerais und der Universität Lomé Togo Seit 2010 ist sie Vorstandsmitglied von der Weltorganisation IDEA (International Drama in Education Association). Seit 2017 ist sie Direktorin für Young IDEA und organisierte in diesem Rahmen 2018 das Internationale Studierenden Meeting an der hmt Rostock. Für 2020 ist das Internationale Familien Meeting an der Universität Lomé in Vorbereitung, dass von Young IDEA zum Thema „The Power of/within Family – Family what’s that?“ organisiert wird.

Dr. Nisha Sajnani ist Direktorin des Studiengangs Theatertherapie und des Theatre & Health Lab an der New York University. Sie ist Gründungsmitglied der ‚World Alliance of Drama Therapy‘ und Chefredakteurin der ‚Drama Therapy Review‘. Ihre künstlerische und verschriftete Forschungstätigkeit dreht sich oft um die Rolle von Improvisation und Performance, z. B. für den Umgang mit Themen wie Diversität, Identität und Migration. Dr. Sajnani ist Trägerin des von der American Psychological Association verliehenen ‚Corann Okorodudu Global Women’s Advocacy Award‘, des ‚Gertrud Schattner Award‘ der North American Drama Therapy Association und des ersten ‚Diversity Award‘, das von der American Society for Group Psychotherapy and Psychodrama verliehen wurde.